Italien

Italien steckt weiter im Rubbellos-Sumpf – neue Betrugsmasche um brasilianischen Auswanderer mit mehrfachen Millionentreffern bei Rubbellosen! (Bild von profimagem auf Pixabay)

Die italienische Lotterie kommt nicht zur Ruhe. Nach einem der größten Betrugsfälle im Zusammenhang mit Rubbellosen, wonach ein IT-Mitarbeiter von Lottomatica über Bekannte und später auch Kollegen über Jahre zweistellige Millionenbeträge ergaunerte, hat die Steuerfahndung eine weitere mutmaßliche Abzocke im Visier. Wie die Lokalzeitung L’Arena aus Verona berichtet, hat die Militari della Guardia di Finanaza „Finanzpolizei“ Ermittlungen gegen einen brasilianischen Auswanderer aufgenommen, der Anfang 2021 innerhalb von 15 Tagen zwei millionenschwere Rubbellose gekauft hat. Die Staatsanwaltschaft hat nach einem Tipp der Bank die Finanz- und Zollpolizei hinzugezogen, die ohnehin gerade im Rubbellos-Sumpf der Italiener aufräumt.

Hat ein Brasilianer in Italien die Lottogesellschaft abgezockt?

Im Gegensatz zu den fast schon mafiösen Strukturen, die ein Angestellter von Lottomatica über Jahre geschaffen hat, soll es sich beim aktuellen Fall um einen zweifelhaften Gewinner und um bis zu drei Personen gehen. Die konnten wohl in Erfahrung bringen, in was für einem Paket das Millionenlos steckt und welcher Laden in Italien dieses verkaufen wird. Der Ermittlungsstand ist bisher so zu verstehen, dass ein 40-jähriger Brasilianer, der seit etwa 3 Jahren im lombardischen Mantua lebt und ein 47-Jähriger, wohnhaft in Caprino, bei der Staatsanwaltschaft von Verona unter dem Vorwurf der Geldwäsche befragt wurden die Untersuchung des Falls ist allerdings noch lange nicht abgeschlossen.

Für den Moment hat der Ausländer auch das Rubbellos Geld verloren. In Italien ist das schnell möglich, aufgrund der Mafia-Erfahrungen konnte Staatsanwalt Alberto Sergi als erste präventive Maßnahmen die Jackpot-Auszahlungen beschlagnahmen. Hierbei geht es um zwei Millionen Euro aus einem Rubbellos und weitere 400.000 Euro aus einem zweiten Rubbellos. Insgesamt brachten die Rubbellose einen Reingewinn von 3 Millionen Euro, allerdings hat der Fiskus eine Glücksspielsteuer von 20 Prozent einbehalten.

Aus dem dringenden Tatverdacht der Ermittler geht hervor, dass der südamerikanische Auswanderer von mindestens einem Mitarbeiter eines Lizenznehmers der Lottogesellschaft, der mit der Verteilung der Rubbellose von Rom aus beauftragt ist, einen Tipp bekommen hat. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass sich jemand unbefugten Zugang zum Computersystem der römischen Firma verschafft hat und dann den Namen des Tabakladens durchsickern ließ, in dem eines der Rubbellose mit einem Millionengewinn zu finden ist.

Laut Anwalt ein ganz normaler Rubbellos-Gewinn

Ganz im Gegensatz zu den Ermittlungsbehörden räumt der Verteidiger des Brasilianers, Giovanni Chincarini ein, dass sein Mandant nichts mit den Ermittlungen in Rom wegen Betrugs zu tun hat. Es gibt keine Verbindungen zu denen, die angeblich im Rubbellos Betrug verwickelt sind und auf das Computersystem Zugriff genommen haben.

Rückblickend nahm der Fall seinen Lauf im Januar, als der brasilianische Verdächtige, der als Fliesenleger tätig ist, in der Nähe von Modena ein Rubbellos in einem Tabakladen kaufte. In dem von einem Chinesen geführten Geschäft hat er wohl direkt einen Gewinn auf dem Rubbellos freigerubbelt und tatsächlich eine Million Euro gewonnen. Nur wenige Stunden später ging er in die Filiale seiner Bank in Mantua, wo er den Gewinnschein einzahlte.

Bevor ein solch außergewöhnlicher Gewinn freigeben wird, vergehen natürlich noch einmal ein paar Wochen, schließlich muss dieser auch korrekt versteuert werden. Letztlich landeten knapp 3 Wochen nach dem erfolgreichen Rubbellose Kauf eine Zahlung von 800.100 Euro, nach Abzug der Steuern, auf seinem Konto. Bis hierhin war nichts verdächtig und kein Ermittler hatte den brasilianischen Glückspilz auf dem Schirm.

Großen Geldbetrag von Italien nach Brasilien überwiesen

Das Glück scheint der Brasilianer gepachtet zu haben, denn Mitte Februar ging er in ein weiteres Tabakgeschäft, diesmal in Garda und in Begleitung eines 47-jährigen Kollegen aus Verona. Dort kauft er ein erneut ein Rubbellos, welches ihm diesmal unglaubliche zwei Millionen Euro einbringen sollte. Bei diesem Betrag war die Gewinnabwicklung über die Bank jedoch komplizierter. So gingen die beiden Kumpane zu verschiedenen Filialen in Mantua, Lazise und Peschiera, um das Gewinnlos in bares zu verwandeln. Am Ende akzeptierte eine Bank die Gewinnanweisung und setzte die Auszahlung der Summe am 24. Februar in Gang.

Die folgende Geldbewegung weist auf eine Überweisung von 1.000 Euro in Brasilien an seine Verwandten hin, und es finden sich sonst nur Abhebungen für Lebensmitteleinkäufe sowie ein Bankscheck über 80.000 Euro für eine nicht näher bezeichnete Spende. Bis Ende März, als der 40-Jährige eine Überweisung von 800.000 Euro auf sein Konto bei der Banco do Brasil veranlasst hat. Währenddessen führt der Ausländer das Leben mit seiner Frau und seiner Tochter wie gewohnt weiter: Er arbeitet als Fliesenleger und gibt sich nicht dem Kaufrausch hin.

Die Überweisung dieser astronomischen Summe nach Brasilien anzuordnen, lässt bei den Kontrollstellen der Notenbank von Italien die Alarmglocken schrillen. Der Staatsanwalt Alberto Sergi interessiert sich sofort für den Fall in Verona und wird mit den Ermittlungen betraut. In der Zwischenzeit blockierte die italienische Zentralbank die Überweisung nach Brasilien und die Staatsanwaltschaft von Verona beantragte die vorsorgliche Beschlagnahmung der gewonnenen Summen in Höhe von 2.400.000 Euro, bevor diese verschwinden kann.

Ermittlungen zu den Hintermännern in der Lottobehörde laufen

Der Verdacht liegt nahe: Wie kann ein und dieselbe Person in so kurzer Zeit zwei Rubbellose im Wert von mehreren Millionen Euro an den richtigen Vorverkaufsstellen kaufen? Diese waren zudem nicht gerade in seinem direkten Einzugsgebiet. Durch die bereits aufgedeckten Betrugsfälle im Rubbellos-Sumpf der italienischen Lotterie reagieren die Behörden aktuell äußerst sensibel auf derart verdächtige Gewinner. Dazu kommt, dass in den letzten zwei Jahren in den Provinzen Verona, Brescia, Mantua und Modena nur 19 Gewinne von mehr als 500.000 Euro registriert wurden.

Aber es gibt noch einen weiteren, besonders interessanten Aspekt: In Rom ermittelt die Guardia di Finanza wegen Betrugs, weil Informationen über die gewinnträchtigen Rubbellose durchgesickert sein sollen. Gegen drei Mitarbeiter und einen leitenden Angestellten des für den Vertrieb der Lotterielose zuständigen Betreibers läuft bereits ein Ermittlungsverfahren. Es besteht der Verdacht, dass der Brasilianer mit diesen Personen in Kontakt stand, die ihm mitgeteilt haben, in welchem Tabakladen er die wertvollen Rubbellose kaufen muss. Damit wäre der Erwerb der Rubbellose durch den Brasilianer ein Betrugsfall, der wiederum mit dem Verbrechen des missbräuchlichen Zugriffs auf das Computersystem in der Lottogesellschaft in Verbindung zu stehen scheint.

Die Verteidigung des Glückspilzes um Anwalt Chincarini aus Italien argumentiert hingegen gegenüber der Presse: „Es mag weit hergeholt erscheinen, aber mein Mandant ist ein sehr guter Mensch und er hatte einfach sehr viel Glück!“

Meinung zur Sicherheit staatlicher Lotterien

Gleichwohl die staatlichen Lotterien immer wieder behaupten, Spielerschutz und Sicherheit sei im Internet nicht gewährleistet wie im stationären Handel, die Betrugsfälle sprechen eine andere Sprache. Regulierte Anbieter wie etwa Lottoland, Lottohelden oder Gratorama werden fortlaufend sehr streng von Regulierungsbehörden überwacht. Online Rubbellose können bei diesen Betreibern nicht an bestimmte Leute mit einem hohen Gewinn ausgewiesen werden. Ein zertifizierter Zufallsgenerator gewährleistet Fairness. Sie können die Auszahlungsquote (RTP) einsehen und sich selbst von der Gewinnwahrscheinlichkeit überzeugen.

Demgegenüber ist es schon sehr verdächtig, dass überhaupt irgendwo auf einem Computer einsehbar ist, wo ein gedrucktes Rubbellos mit dem Jackpot-Gewinn verkauft wird. Ungeachtet der Sicherheitsmaßnahmen sollte dies doch eigentlich wie bei der Ziehung der Bingozahlen oder anderen Lotterien zufällig geschehen. Wie kann es möglich sein, dass ein privates Unternehmen und deren Mitarbeiter auf Computersysteme zugreifen können, wo die Adresse von Lottoladen aufgeführt, wo von einer bestimmten Rubbellosserie das Los mit dem Höchstgewinn zu finden ist. Hierbei hat zumindest in Italien das Lottosystem total versagt!